Beerdigungen. Beerdigungen sind ja in Ghana so eine Sache.
Sie dauern meistens 3 Tage, also das ganze Wochenende, aber je nach Belieben
kann man sich natürlich blicken lassen wann und so lange man will. Das heute, war
meine zweite Funeral. Auf die erste wurden wir gemeinschaftlich von anderen
Freiwilligen eingeladen und letztendlich waren wir auf der Beerdigung der
Mutter der Verlobten des Bruders einer anderen Freiwilligen. Die es dann toll
fanden, dass Obroni‘s für sie den Abwasch erledigten. Ich fand das nicht toll.
Meine Ma war völlig empört, dass ich auf einer Beerdigung arbeiten musste.
Trotzdem hatten wir ein schönes Wochenende gehabt. Mit 2 Freundinnen war ich am
Freitag zu meinem Onkel nach Accra gefahren, dort waren wir abends weggegangen
und am Morgen darauf gemütlich losgefahren in diesen Ort bei irgendwo, wo diese
Beerdigung sein sollte. Wir fanden sie dann auch irgendwann. Wurden herzlich
begrüßt und gefüttert bevor wir um Abwasch abgeordert wurden (ja es hat mich
aufgeregt). Von einer ghanaischen Beerdigung habe ich nur mitbekommen, dass ich
ein wunderschönes Beerdigungskleid habe und darin wunderschön aussehe, dass es
ein riesiger Stress ist, dass es unglaublich viel zu Essen gibt, das getanzt
wird und alle in rot und schwarz angezogen sind. Zum Glück würde ich noch einmal
auf eine Beerdigung gehen. Natürlich freute ich mich nicht, als es in der
Schule hieß „Samuels Vater ist gestorben, die Beerdigung ist am Wochenende, du
kommst auch oder?“ Aber diese Beerdigung würde mein Bild verändern. Zunächst war ich furchtbar nervös. Die ganze
Woche über. Samuel war ein Lehrer und wie alle Lehrer an meiner Schule TOTAL
COOL. Ich mochte ihn richtig gerne und würde ihn jedenfalls inzwischen auch als
Freund bezeichnen. Als er mich Donnerstag Nachmittags anrief um zu fragen ob
ich kommen würde, wurde ich nervös. Als ich aufgelegt hatte rief ich sofort
Jeff, meinen Lehrer an um zu fragen ob ich denn nun am Freitag schwarz tragen
müsste. Und tatsächlich die Lehrer hatten sich abgesprochen und würden alle in
schwarz erscheinen, aber natürlich nicht das Beerdigungskleid. Am Freitag waren
wir dann alle schwarz angezogen, ich war immer noch nervös. Jeff musste mich
beruhigen. Es ist nicht wichtig was ich sage, er freut sich wenn ich komme und
ihm zeige dass ich mitfühle. Ahja und wie zeige ich das? Ich war überfordert,
und als Jeff meinte er hat noch nicht mal ein Stoff für sein Beerdigungshemd
bekam ich fast die Krise. Am Freitag hatte er noch nicht den Stoff!! Er würde
es am Samstag brauchen! Sein Freund wär Schneider und würde es ihm schon noch
rechtzeitig fertig machen. Nadann. Trotzdem schleppte ich ihn in der Pause zu
meiner Mutter auf den Markt um diesen Stoff zu kaufen. So lernte Ma auch
endlich Jeff kennen. Sie mochten sich auf Anhieb total. Scheee. Dann liefen wir
zu seinem Schneiderfreund, der uns erstmal zum Essen einlud. Da sagt man natürlich
nicht nein. Vor dem Schneiderladen stand eine Frau und verkaufte Slippers. Sie
fragten mich ob ich nicht welche kaufen wolle, aber da meine Ma Slippers
verkauft sagte ich natürlich nein. Jeff meinte ich solle trotzdem sagen welche
mir gefallen, denn er möchte seiner Freundin welche mitbringen. Er hat übrigens
wirklich eine Freundin wir sind einfach gut befreundet.. und er sieht gut aus.
Jedenfalls wurde ich schon kurz stutzig als ich sie auch probiere sollte, weil
ihr Fuß genauso aussehen würde wie meiner. Zumindest eine andere Farbe wird er wohl
haben, dachte ich, verkniff es mir aber. Wir suchten die schönsten aus, er
kaufte sie und als wir zurück in der Schule waren bekam ich sie geschenkt. Ich
freute mich riesig! Denn sie waren wirklich ziemlich schön. Wie sich später
herausstellen würde konnte ich in ihnen nicht laufen, aber das macht nix,
meiner Ma passen sie. Nach der Schule ging ich zu meinem Rasta Freund, der in
der Nähe der Schule Klamotten verkauft. Ich hörte mir ein bisschen an, dass man
immer und zu jedem nett sein muss, erklärte ihm, dass man deswegen auch keine Obroni‘s
bescheißen darf (man muss ja immer eine gute Geschäftsbasis vorbereiten, die
Klamotten, die er verkauft sind wirklich schön) hörte seine Reggea Musik, die
auch wirklich ziemlich cool ist und sagte ihm, dass ich seine Mütze wirklich
schön fände. Da schenkte er sie mir. Ich war baff. Als mich am jemand fragte ob
ich denn einen schönen Tag gehabt hatte, lächelte ich. Yes, i had a nice day.
Nun gut ich schweife von der Funeral Geschichte ab, aber
jetzt ist auch schon Samstag morgen. Jeff, der Held hatte gesagt oh, ich geh
mit dir hin wann du möchtest, ruf mich einfach an dann hol ich dich am Mandela
ab. Da ich nicht allzu viel verpassen und auch höflich erscheinen wollte stand
ich um 10 am Mandela und rief Jeff an. Erst erreichte ich ihn 3 mal nicht, dann
ging er ran und meinte er sei in der Kirche sonst wo im Gottesdienst. Na super.
Ich fuhr also sonst wo hin und traf im Taxi, ja es ist einfach so, in Ghana hab
ich einfach immer Glück. Dafür bin ich extrem dankbar und ich wünsche mir, dass
es so bleibt. Jedenfalls traf ich im Taxi eine total nette Frau im
Beerdigungsdress, nach einem kurzen Smalltalk war mir klar sie ging zu selben
Beerdigung! Als ich mit ihr Ausstieg, stand da auch schon Jeff (nicht in seinem
Funeralhemd, die Knöpfe wurden gerade noch dran genäht) um mich abzuholen. Arm
in Arm liefen wir zur Kirche, die ziemlich schön war, auch schön geschmückt und
voller herausgeputzter natürlich schwarz gekleideter Menschen. Ich lief
schüchtern hinter Jeff her und hoffte mich schnell irgendwo dazwischen setzten
zu können, denn ich fiel doch auf. Und das war mir unangenehm, auf einer
Beerdigung. Ich wollte keinesfalls im Mittelpunkt stehen, geschweigenden
überhaupt so viele Blicke auf mir spüren. Jeff merkte meine Unsicherheit und setzte
mich auf den einzelnen freien Platz neben.. Samuel. Na toll, der Plan war eigentlich
Jeffs Windschatten gewesen, aber der war schon weg und hatte sich eine Reihe
hinter uns gesetzt. Ich wollte Samuel anlächeln, hallo sagen, ich erwartete
Freude auf einer Ghanaischen Beerdigung, klar, sein vater war gestorben, aber
ichd achte es wär anders. Ich sah in seine Augen.. Ja sein Vater war gestorben.
Ich nahm ihn in den Arm. Dann folgten wir dem Gottesdienst. Tanzen ging er
nicht. Und ich blieb dann auch sitzen. Ich kam mir eher hilflos vor. Und ich
wurde selbst richtig traurig. Plötzlich stand er auf, und er Jeff und noch ein
paar andere von unseren Lehrerkollegen nahmen mich mit. Raus aus der Kirche,
wir sollten zu dem Platz an dem das Fest dann stattfinden sollte um die gut 400
Platikstühle aufzustellen. Auf dem Weg trafen wir auch den 2ten Freiwilligen
von der Schule, der die Beerdigung dann aber ganz anders erleben sollte als
ich. Wir fingen an die Stühle aufzustellen.. es waren wirklich um die 400. Da sah
ich, dass einer meiner Lehrer ein Mädchen wegen irgendwas anmotzte. Ich mischte
mich gleich ein, sie war dabei die Stühle abzuwischen, er fand aber sie sollte
es nass und gründlicher machen. Und ja sie sollte es machen, denn es war
Mädchenarbeit. Eigentlich ist dieser Lehrer auch total cool, also hielt ich ihm
ersteinmal einen Vortrag über Gleichberechtigung und was das den für eine
Frechheit sei. Das Mädchen, Jennifer stieg sofort drauf ein und wir merkten,
dass wir uns prima verstanden. Also ließen wir den Lehrer ziehen, Männerarbeit
machen, und gingen los um einen Eimer mit Wasser und Spülmittel zu holen um die
400 Stühle abzuwischen. Der Lehrer
freute sich, dass ich als Mädchen bei der Mädchenarbeit helfen würde. Aber er
lachte und nun ja er ist eigentlich wirklich cool. Ich würde es ihm noch ein
paar Mal vorwerfen, aber ich hatte es ihm verziehen. Jennifer und ich hatten
dann mehr oder weniger Spaß dabei die 400 Plastikstühle abzuwischen. Es dauerte
eine Weile, und wurde besonders stressig als sich die ersten Gäste einfach
völlig gegen unser Putzprinzip irgendwo hinsetzten. Aber dann hatten wir es
geschafft. Ab jetzt war ich aber in ihrem Team. Wir brachten das dreckige
Wasser zurück, liefen endlose Male zu ihrem Haus, (sie war auch irgendwie
mitverwandt) brachten Getränke, holten das Fufu von der Fufubar ab, aßen
zwischenzeitlich, sie stellte mich allen möglichen Leuten vor… ich verpasste
die Beisetzung auf dem Friedhof. Niemand von den tollen Jungs hatte mir
Bescheid gesagt. Ach ja und Jeff meine er würde sein Hemd abholen war aber
längst auf eine andere Beerdigung verschwunden. Naja ich war mittendrin im
Geschehen und bekam vier mal Essen. Gegen Ende fingen die jüngeren zu Trinken
an, Bier hatte es schon die ganze Zeit für alle gegeben. Dann tanzten wir noch,
ich hatte einen riesen Spaß mit Jennifer und später erfuhr ich, dass irgendjemand
meine Ma angerufen hatte um ihr zu erzählen, dass ihr Obroni gut tanzen könne.
Dieses Kompliment möchte ich nicht unkommentiert stehen lassen, es stimmt
nicht, es sieht rein gar nicht elegant aus wenn ich versuche mich ihrem
Rhythmus anzupassen. Und ich will ja nicht sagen, alle Ghanaer können tanzen,
aber die meisten können es besser als ich. Trotzdem macht es mir Spaß und als
Samuels Bruder, den ich gar nicht kannte sich noch total herzlich bei mir
bedankt hat war ich wirklich gerührt. Sie haben sich total lieb von mir
verabschiedet. Ich wollte nach Hause, denn es wurde so langsam dunkel und ich
spürte den Alkohol.. leicht. Ich rief noch Jeff an, damit er sich vielleicht
kurz blicken lassen würde, damit ich mich verabschieden könnte. Er kam dann auch
gleich, mit seinem Beerdigungshemd und es schien so als würde er mich nach Hause
begleiten. Aber nein, wir trafen seine Freunde in einem Spot und erst nach 2
weitern Bier brachten sie mich nach Hause. Aber es war noch so richtig witzig.
Eine Stunde später rief er an um zu fragen wie es mir denn ginge. Das macht man
so hier in Ghana. Mir ging es gut. Ich hatte schon geschlafen.
Eine Woche später in der Schule bedankte sich Samuel noch
einige Male aufs wärmste und bestellte mir Grüße von allen möglichen
Familienmitgliedern.