Donnerstag, 23. Februar 2012

Funeral


Beerdigungen. Beerdigungen sind ja in Ghana so eine Sache. Sie dauern meistens 3 Tage, also das ganze Wochenende, aber je nach Belieben kann man sich natürlich blicken lassen wann und so lange man will. Das heute, war meine zweite Funeral. Auf die erste wurden wir gemeinschaftlich von anderen Freiwilligen eingeladen und letztendlich waren wir auf der Beerdigung der Mutter der Verlobten des Bruders einer anderen Freiwilligen. Die es dann toll fanden, dass Obroni‘s für sie den Abwasch erledigten. Ich fand das nicht toll. Meine Ma war völlig empört, dass ich auf einer Beerdigung arbeiten musste. Trotzdem hatten wir ein schönes Wochenende gehabt. Mit 2 Freundinnen war ich am Freitag zu meinem Onkel nach Accra gefahren, dort waren wir abends weggegangen und am Morgen darauf gemütlich losgefahren in diesen Ort bei irgendwo, wo diese Beerdigung sein sollte. Wir fanden sie dann auch irgendwann. Wurden herzlich begrüßt und gefüttert bevor wir um Abwasch abgeordert wurden (ja es hat mich aufgeregt). Von einer ghanaischen Beerdigung habe ich nur mitbekommen, dass ich ein wunderschönes Beerdigungskleid habe und darin wunderschön aussehe, dass es ein riesiger Stress ist, dass es unglaublich viel zu Essen gibt, das getanzt wird und alle in rot und schwarz angezogen sind. Zum Glück würde ich noch einmal auf eine Beerdigung gehen. Natürlich freute ich mich nicht, als es in der Schule hieß „Samuels Vater ist gestorben, die Beerdigung ist am Wochenende, du kommst auch oder?“ Aber diese Beerdigung würde mein Bild verändern.  Zunächst war ich furchtbar nervös. Die ganze Woche über. Samuel war ein Lehrer und wie alle Lehrer an meiner Schule TOTAL COOL. Ich mochte ihn richtig gerne und würde ihn jedenfalls inzwischen auch als Freund bezeichnen. Als er mich Donnerstag Nachmittags anrief um zu fragen ob ich kommen würde, wurde ich nervös. Als ich aufgelegt hatte rief ich sofort Jeff, meinen Lehrer an um zu fragen ob ich denn nun am Freitag schwarz tragen müsste. Und tatsächlich die Lehrer hatten sich abgesprochen und würden alle in schwarz erscheinen, aber natürlich nicht das Beerdigungskleid. Am Freitag waren wir dann alle schwarz angezogen, ich war immer noch nervös. Jeff musste mich beruhigen. Es ist nicht wichtig was ich sage, er freut sich wenn ich komme und ihm zeige dass ich mitfühle. Ahja und wie zeige ich das? Ich war überfordert, und als Jeff meinte er hat noch nicht mal ein Stoff für sein Beerdigungshemd bekam ich fast die Krise. Am Freitag hatte er noch nicht den Stoff!! Er würde es am Samstag brauchen! Sein Freund wär Schneider und würde es ihm schon noch rechtzeitig fertig machen. Nadann. Trotzdem schleppte ich ihn in der Pause zu meiner Mutter auf den Markt um diesen Stoff zu kaufen. So lernte Ma auch endlich Jeff kennen. Sie mochten sich auf Anhieb total. Scheee. Dann liefen wir zu seinem Schneiderfreund, der uns erstmal zum Essen einlud. Da sagt man natürlich nicht nein. Vor dem Schneiderladen stand eine Frau und verkaufte Slippers. Sie fragten mich ob ich nicht welche kaufen wolle, aber da meine Ma Slippers verkauft sagte ich natürlich nein. Jeff meinte ich solle trotzdem sagen welche mir gefallen, denn er möchte seiner Freundin welche mitbringen. Er hat übrigens wirklich eine Freundin wir sind einfach gut befreundet.. und er sieht gut aus. Jedenfalls wurde ich schon kurz stutzig als ich sie auch probiere sollte, weil ihr Fuß genauso aussehen würde wie meiner. Zumindest eine andere Farbe wird er wohl haben, dachte ich, verkniff es mir aber. Wir suchten die schönsten aus, er kaufte sie und als wir zurück in der Schule waren bekam ich sie geschenkt. Ich freute mich riesig! Denn sie waren wirklich ziemlich schön. Wie sich später herausstellen würde konnte ich in ihnen nicht laufen, aber das macht nix, meiner Ma passen sie. Nach der Schule ging ich zu meinem Rasta Freund, der in der Nähe der Schule Klamotten verkauft. Ich hörte mir ein bisschen an, dass man immer und zu jedem nett sein muss, erklärte ihm, dass man deswegen auch keine Obroni‘s bescheißen darf (man muss ja immer eine gute Geschäftsbasis vorbereiten, die Klamotten, die er verkauft sind wirklich schön) hörte seine Reggea Musik, die auch wirklich ziemlich cool ist und sagte ihm, dass ich seine Mütze wirklich schön fände. Da schenkte er sie mir. Ich war baff. Als mich am jemand fragte ob ich denn einen schönen Tag gehabt hatte, lächelte ich. Yes, i had a nice day.
Nun gut ich schweife von der Funeral Geschichte ab, aber jetzt ist auch schon Samstag morgen. Jeff, der Held hatte gesagt oh, ich geh mit dir hin wann du möchtest, ruf mich einfach an dann hol ich dich am Mandela ab. Da ich nicht allzu viel verpassen und auch höflich erscheinen wollte stand ich um 10 am Mandela und rief Jeff an. Erst erreichte ich ihn 3 mal nicht, dann ging er ran und meinte er sei in der Kirche sonst wo im Gottesdienst. Na super. Ich fuhr also sonst wo hin und traf im Taxi, ja es ist einfach so, in Ghana hab ich einfach immer Glück. Dafür bin ich extrem dankbar und ich wünsche mir, dass es so bleibt. Jedenfalls traf ich im Taxi eine total nette Frau im Beerdigungsdress, nach einem kurzen Smalltalk war mir klar sie ging zu selben Beerdigung! Als ich mit ihr Ausstieg, stand da auch schon Jeff (nicht in seinem Funeralhemd, die Knöpfe wurden gerade noch dran genäht) um mich abzuholen. Arm in Arm liefen wir zur Kirche, die ziemlich schön war, auch schön geschmückt und voller herausgeputzter natürlich schwarz gekleideter Menschen. Ich lief schüchtern hinter Jeff her und hoffte mich schnell irgendwo dazwischen setzten zu können, denn ich fiel doch auf. Und das war mir unangenehm, auf einer Beerdigung. Ich wollte keinesfalls im Mittelpunkt stehen, geschweigenden überhaupt so viele Blicke auf mir spüren. Jeff merkte meine Unsicherheit und setzte mich auf den einzelnen freien Platz neben.. Samuel. Na toll, der Plan war eigentlich Jeffs Windschatten gewesen, aber der war schon weg und hatte sich eine Reihe hinter uns gesetzt. Ich wollte Samuel anlächeln, hallo sagen, ich erwartete Freude auf einer Ghanaischen Beerdigung, klar, sein vater war gestorben, aber ichd achte es wär anders. Ich sah in seine Augen.. Ja sein Vater war gestorben. Ich nahm ihn in den Arm. Dann folgten wir dem Gottesdienst. Tanzen ging er nicht. Und ich blieb dann auch sitzen. Ich kam mir eher hilflos vor. Und ich wurde selbst richtig traurig. Plötzlich stand er auf, und er Jeff und noch ein paar andere von unseren Lehrerkollegen nahmen mich mit. Raus aus der Kirche, wir sollten zu dem Platz an dem das Fest dann stattfinden sollte um die gut 400 Platikstühle aufzustellen. Auf dem Weg trafen wir auch den 2ten Freiwilligen von der Schule, der die Beerdigung dann aber ganz anders erleben sollte als ich. Wir fingen an die Stühle aufzustellen.. es waren wirklich um die 400. Da sah ich, dass einer meiner Lehrer ein Mädchen wegen irgendwas anmotzte. Ich mischte mich gleich ein, sie war dabei die Stühle abzuwischen, er fand aber sie sollte es nass und gründlicher machen. Und ja sie sollte es machen, denn es war Mädchenarbeit. Eigentlich ist dieser Lehrer auch total cool, also hielt ich ihm ersteinmal einen Vortrag über Gleichberechtigung und was das den für eine Frechheit sei. Das Mädchen, Jennifer stieg sofort drauf ein und wir merkten, dass wir uns prima verstanden. Also ließen wir den Lehrer ziehen, Männerarbeit machen, und gingen los um einen Eimer mit Wasser und Spülmittel zu holen um die 400 Stühle abzuwischen.  Der Lehrer freute sich, dass ich als Mädchen bei der Mädchenarbeit helfen würde. Aber er lachte und nun ja er ist eigentlich wirklich cool. Ich würde es ihm noch ein paar Mal vorwerfen, aber ich hatte es ihm verziehen. Jennifer und ich hatten dann mehr oder weniger Spaß dabei die 400 Plastikstühle abzuwischen. Es dauerte eine Weile, und wurde besonders stressig als sich die ersten Gäste einfach völlig gegen unser Putzprinzip irgendwo hinsetzten. Aber dann hatten wir es geschafft. Ab jetzt war ich aber in ihrem Team. Wir brachten das dreckige Wasser zurück, liefen endlose Male zu ihrem Haus, (sie war auch irgendwie mitverwandt) brachten Getränke, holten das Fufu von der Fufubar ab, aßen zwischenzeitlich, sie stellte mich allen möglichen Leuten vor… ich verpasste die Beisetzung auf dem Friedhof. Niemand von den tollen Jungs hatte mir Bescheid gesagt. Ach ja und Jeff meine er würde sein Hemd abholen war aber längst auf eine andere Beerdigung verschwunden. Naja ich war mittendrin im Geschehen und bekam vier mal Essen. Gegen Ende fingen die jüngeren zu Trinken an, Bier hatte es schon die ganze Zeit für alle gegeben. Dann tanzten wir noch, ich hatte einen riesen Spaß mit Jennifer und später erfuhr ich, dass irgendjemand meine Ma angerufen hatte um ihr zu erzählen, dass ihr Obroni gut tanzen könne. Dieses Kompliment möchte ich nicht unkommentiert stehen lassen, es stimmt nicht, es sieht rein gar nicht elegant aus wenn ich versuche mich ihrem Rhythmus anzupassen. Und ich will ja nicht sagen, alle Ghanaer können tanzen, aber die meisten können es besser als ich. Trotzdem macht es mir Spaß und als Samuels Bruder, den ich gar nicht kannte sich noch total herzlich bei mir bedankt hat war ich wirklich gerührt. Sie haben sich total lieb von mir verabschiedet. Ich wollte nach Hause, denn es wurde so langsam dunkel und ich spürte den Alkohol.. leicht. Ich rief noch Jeff an, damit er sich vielleicht kurz blicken lassen würde, damit ich mich verabschieden könnte. Er kam dann auch gleich, mit seinem Beerdigungshemd und es schien so als würde er mich nach Hause begleiten. Aber nein, wir trafen seine Freunde in einem Spot und erst nach 2 weitern Bier brachten sie mich nach Hause. Aber es war noch so richtig witzig. Eine Stunde später rief er an um zu fragen wie es mir denn ginge. Das macht man so hier in Ghana. Mir ging es gut. Ich hatte schon geschlafen.
Eine Woche später in der Schule bedankte sich Samuel noch einige Male aufs wärmste und bestellte mir Grüße von allen möglichen Familienmitgliedern.

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