Am Sonntag ist mein ghanaischer Opa gestorben. Es ist
seltsam das so zu schreiben, denn tatsaechlich hatte cih zu ihm keinerlei
emotionale Bindung. Trotzdem macht es wohl alles verstaendlicher. Weil er sehr
krank war, waren nach und nach Ma, Frank und Gifty nach Accra gegangen um
meiner ghanaischen Grossmutter und
den restlichen Familienmitliedern zu
helfen. Der Mann konnte sich kaum noch bewegen und schliesslich auch nicht mehr
essen. Ich telefonierte fast jeden Tag mit Ma, ich vermisste sie sehr,
ausserdem bekam ich nichts zu essen zu hause. Das war doof. Ich vermisste sie
und machte mir Sorgen. Sie sagte immer wieder es gehe ihr gut und auch ihrem
Vater ginge es gut. Aber plötzlich im Gespräch wuerde die Stimme kippen und sie
wuerde sagen, dass sie glaubt, dass er bald stirbt. Sie entschuldigte sich
immerwieder, dass sie nicht hier bei mir war und ob es ok waere. Das war das
einzige was ich tuen konnte, ihr verischern dass hier alles gut war.
God should take him away
Gott soll ihn zu sich nehmen
Mir wurde die Einstellung der Ghanaer zum Tod aelterer
Menschen klar. Ein Freund fuehrte es mir
dann noch genauer aus. Wenn ein aelterer Mensch stirbt, dann ist das ok. Man
freut sich eher, dass dieser ein shcoenes Leben hatte und jetzt bei Gott sein
kann.
Am Wochenende darauf machte also auch ich mich auf den Weg
nach Accra. Zum erstenmal machte ich die ganze Reise alleine und war sehr stolz
auf mich als ich ankam, ohne mich verlaufen zu haben. Ich musste niemanden nach
dem Weg fragen! Ich lief durch die Tore des Hauses meiner Ghanaischen Familie
(Onkel Tante Cousinen und Grossmutter). Von aussen hatte ich schon die grossen
schwarzroten pavillions gesehen. Ich sah Frank meinen Gastbruder, er stand
sofort auf fing sogar an zu strahlen, lief mir emtgegen und umarmte mcih
herzlich. Zunaechst konnte ich mir darauf eher keinen Reim machen. Da er bis
vor einer Woche im Internat war hatten wir keine besonders enge Beziehung. Auch
wenn ich ihn extrem sympathisch finde. Mit diesem Gespür hatte ich mal wieder Recht,
denn ohne dass ich ihn verzweifelt anschauen musst zog er mich zu den Menschen
die ich gruessen musste. Auch in der richtigen Reihenfolge. Fuer mcih stellte
es ein Problem dar, dass sich alle freuten mich zu sehen, ich aber mit traurigem Gesicht mein Beileid ausdruecken
wollte. Wie auch immer Ma und Gifty haben sich riesig gefreut und ich dacht
ja.. trauern is hier also wirklich nich so der Programmpunkt.. ich sollte mcih
aber geirrt haben. Denn es war der Programmpinkt fuer Sonntag Morgen. Ich hatte
alle begruesst und Ma wollte mir unbedingt essen machen, das lehnte ich nicht
ab sodern setzte mich zu Frank auf einen Platikstuhl und wartete. Wir betrieben
ein bisschen smalltalk. Jetzt lernst du
die ghanaische Kultur so richtig kennen. Ja.. was macht man dann heute so? Man
wartet auf morgen. Ja grandios dachte ich mir. Er meinte ihm waere sehr
langweilig. Da wurde mir klar warum ers ich so gefreut hatte mich zu sehen
ENTERTAINMENT . Schon den ganzen Tag also sass die Grossmutter mit ein paar
Grosstanten und Grossonkeln auf der Terasse. Gifty un Ma arbeiteten in der
Kueche. Ja Frank helf doch mit arbieten. Das ist Frauenarbeit, ich hab shcon
die Fenster geputzt. Naja immerhin, trotzdem startete ich die Men-Women – equal
diskussion.. wir hatten ja nichts zu tun. Das Verstaendnis seinerseits fiel
eher mager aus, dafuer bekam ich ein sehr leckeres Essen. Wohl das schlechte
Gewissen. Zurecht ich esse ja auch shon ewig von der Strasse. Wenn Ma nicht da
ist nimmts Gifty nicht so genau mit dem Kochen. Ausserdem haben wir zur Zeit
kein Gas. Und Gifty ist ja nun auch shcon ne Weile in Accra.
Aus dem nichts heraus sagte Frank es waere allles sehr
traurig hier gewesen die letzte Zeit. Erst dachte ich, er meinte weil er nichts
zu tun hatte und wollte schon fast laecheln als mir einfiel dass und wie sein
Opa gestorben war. Er erzaehlte wie sie ihn gefuettert hatten, er sich nicht
mehr bewegen konnte und sie ihn dann, weil ihm die suppe nur noch aus dem Mund
lief ins Krankenhaus gebracht hatten. Er erzaehlte das ohne mich anzuschauen
und hakte das Thema dann sofort mit einer Bemerkung zum Essen ab. Ich war kurz
schokiert, versuchte mein Mitleid in einen Blick zu packen den er auffing. Wir
waren eben auf einer Wellenlaenge.
Plötzlich wollte Ma los Stoff kaufen gehen, ich ergriff die
Gelegenheit beim Schopfe. Ich Lies dem armen Frank mein Handy mit
Internetzugang zur Unterhaltung zurueck. Ich und Ma, es war schoen sie wieder
zu haben, und sie fing auch gleich an zu erzahlen. Anscheinend hatte es sie
hart getroffen. Auch sie erzahlte von den letzten Stunden im Krankenhaus. Ich
regte mich ueber michs elber auf, natuerlich freut sich niemand wenn jemand
stirbt. Aber sie erzaehlens einem auch immer so. Ma war eindeutig traurig. Auch
wenn es ansonsten nicht auffiel. Wir nahmen ein Taxi in die Stadt. Ins Gewuehle.
So viele Menschen. Accra ist so busy und sooo voll!! Ich trug ihre Taschen und
war damit beschaeftigt ihr zu folgen. Daswar alles aber das genuegte auch. In
jedem Shop, in dem sie nach diesem einen, scheinbar unauffindbaren Stoff
fragte, setzte ich mich erstmal hin. In diesem Fall machte mir es nichts aus als
Obroni anders angesehen zu werden, denn sonst waere es unhoeflich sich einfach
einen Stuhl zu nehmen. So aber freuten sich alle, vor allem wenn ich dann noch
laechelnd auf Nachfragen meinen Fanti namen sagte.Irgendwann hatten wir..
aehm.. sie dann 2 stoffe und konnte sich nicht entscheiden. Wir gingen also zum
Store von Onkel Sammy um die Tante die auch mit im Store sitzt, um Rat zu
fragen. Ma erkannte meine Verfassung und meinte ich solle hier warten. Ich
setzte mich auf einen Stuhl, ich hatte hoeflichste gewartet bis er mir
angeboten wurde, und schlief ein. Ich wachte auf weil Ma mir einen Maiskolben
und ein Piuor Water in die Handdrueckte. Genau erkannt. Einigermasen gestaerkt
machten wir uns auf den Heimweg. Dachte ich. Wir mussten nur noch ein schwarzes
Shirt fuer Frank und irgendwelche Onkel von ihr kaufen. Sie meinte das waere
einfach sie wolle eine bestimte Unterhemdenmarke die gaebe es ueberall. War
dann nicht so. Irggendwann hatte ich sie ueberzeugt, dass wir keine
Polyesterunterhemden brauchen fuer einen Beerdigungsartigen Anlass! Da ein
Storeshirt, also eines nicht von einem Shoptisch 12 cedi und nicht 5 kostete,
wurde der Plan nicht umgesetzt. Ich kaufte ein schoenes Baumwolltshirt fuer
Frank. Und Ma kaufte schwarze Unterhemden fuer ihre Onkel. Frank hat sich
gefreut. Zwischendrin schlug ich mir noch irgendwo ganz uebel den Zeh auf und
bekam das Mitleid von allen moeglichen Marktfrauen „Oh Obroni what happened?“
aber kein Pflaster. Ma kaufte mir noch neue Slippers weil meine ja „schon so
kaputt waren“ und wir gingen nach Hause.
Ich bekam nochmal essen, servierte ein paar Besuchern Piuor Water und
fiel totmuede ins Bett. Besser gesagt auf den Boden. Denn die ganzen
Grosstanten und Grossonkels schliefen auch bei uns im Haus. Ich schlief also
zwischen Ma und Gifty auf dem Boden. Und ja, ich fand es schoen zwischen 2
Menschen zu liegen, die mir in meinem Ghana leben, und da es eben mein leben
ist, in meinem Leben soviel bedeuten. Ich wachte um halb 7 auf und war die letzte.
Mit Abstand. Ich ging duschen und fing danach an auf Ma einzureden dass
unbedingt mithelfen will. Ja sollte ich auch. Wasser servieren. Ich war sehr
enttaeuscht. Aber es war dann doch genug..
Nach und nach kamen richtig viele Menschen in unseren
Campound. Die Stuehle fuellten sich. Irgendwann aenderte sich die lockere
Stimmung und mir wurde erklaert dass es jetzt ein meeting gaebe. Die aeltesten
und die naechsten Verwandten setzten sich zusammen. Danach geschah etwas.. mit
dem ich nun wirklich nicht gerechnet hatte. Ma hatte mir gesagt sie wuerde
weinen. Aber war ich doch etwas
geschockt. Meine Ma rannte ins Haus und man hoerte ueberall ihr lautes schreien,
weinen, klagen, heulen, beten... Und so machten einige ihr es nach. Alle
anderen schauten sehr betroffen zu boden. Ich starrte Ma an, die wieder heraus
gestuermt war, und im Kreis mit einem Taschentuchwedelte und furchtbar
schluchzte. Sie tat mir so Leid!
In Deutschland weint man leise vor
sich hin.. waehrend der beerdigung. Hier scheint es mir als waere es ein
eigener Programmpunkt. All die Trauer und all der Schmerz bricht hier aus ihnen
heraus. So scheint es mir. Auch mein Gasbruder weinte.
Man kann nicht sagen Beerdigungen
sind froehlich in Ghana. Aber sie wurde noch froehlich. Eigentlich hatte jeder ein bisschen Alkohol
dabei. Ich war ganz angeton vom Bailys. Die ganze Zeit ueber servierte ich. Ab
und zu musste ich ein nettes Schwaezchen halten.
Dann kam der Programmpunkt an dem
man den Umschlag ueereicht. Mit diesem Umschlag zeigt man sein Mitgefuehl und
unterstuetzt die Familie finanziell. Das ist in Anbetracht der Tatsache, dass
Beerdigungen in Ghana so furchtbar gross und teuer gefeiert werden auch sinnvoll.
Nun ja, es ist die engste
Verwandtschaft. Ich hatte 40 cedi in einen Umschlag gepackt, Ma hatte ihn mir
entrissen und war vor die gesamte Gesllschaft gestürmt um sich laut bei mir zu
bedanken. Mir war es furchtbar unangenehm. Ich haette mir gewuenscht sie freut
sich mehr darüber, dass ich da bin, mithelfe, ihr zu höre.. Ich war entäuscht und wollte nicht vor allen
etwas sagen aber mein Onkel zog mich in die Mitte aller und ich lächelte und
schüttelte viele freundliche und dankbare Hände.
Am Abend lag ich auf einem Sofa
und war schon fast eingeschlafen als Ma noch mit einem Teller Joloff reis zu
mir kam. Ich war so müde gewesen, dass ich gar nicht gemerkt hatte, dass ich
nicht gegessen hatte. Ich begann zu essen. Sie bedankte sich bei mir, sie sagte danke dafür, dass ich gekommen war, „danke
für das Geld, danke dass du mitgeholfen hast und danke, dass du immer lächelst
wenn sie auf Fanti Witze mit dir machen die du nicht verstehst.“
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